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> SANSHO THE BAILIFF
Drama
Japan 1954
Alternative Titel
Sansho dayu;
Sansho Dayu - Ein Leben ohne Freiheit;
山椒大夫
Regie Kenji
Mizoguchi
Drehbuch Fuji Yahiro,
Yoshikata Yoda nach einer Story von Ogai Mori
Darsteller Kinuyo Tanaka, Yoshiaki Hanayagi, Kyoko Kagawa, Eitaro Shindo,
Masahiko Kato
Länge 124 Min.
Molodezhnaja Altersempfehlung ab 12
Humor | Spannung | Action | Gefühl | Anspruch | Erotik |
. | . |
© Text Marco,
molodezhnaja 19.6.07
© Bilder Criterion,
Screenshots molodezhnaja
STORY
Japan während der späten Heian-Periode: Der nordjapanische Gouverneur Masauji
Taira (Masao Shimizu) wird wegen seines liberalen Denkens ins Exil geschickt.
Seine Familie, angeführt von Mutter Tamaki (Kinuyo Tanaka), sucht sich eine neue
Heimat. Dabei geraten sie jedoch an skrupellose Sklavenhändler und werden
auseinander gerissen. Die Kinder Zushio und Anju landen im Anwesen des Landvogts
Sansho (Eitaro Shindo), der hunderte von Sklaven hält und sie alle wie Vieh
behandelt. Sansho agiert derart kaltblütig, dass selbst sein eigener Sohn
Taro (Akitake Kono) damit nicht klarkommt. Jahre später sind Zushio (Yoshiaki
Hanayagi) und Anju (Kyoko Kagawa) erwachsen. Er hat sich ins System eingefügt
und ist zu Sanshos Handlanger geworden. Sie leidet nach wie vor unter der
fehlenden Freiheit und dem Charakterwechsel des Bruders. Als die beiden eine
sterbende Frau in den Wald bringen müssen, weckt Anju in Zushio wieder den
gerechtigkeitsliebenden Geist des Vaters und überredet ihn zur Flucht.
REVIEW
Über Kenji Mizoguchis "Sansho the Bailiff" wurde
schon so viel geschrieben, da bräuchte es meine Worte eigentlich nicht mehr -
zumal ich vielleicht nicht mit haargenau demselben überschwänglichen Schwärmen
an den Film herangehe, wie 99.9% der restlichen Kritiker. In deren Agenda gehört
"Sansho" nämlich schlicht zu den besten Filmen überhaupt und daher lässt sich
auch Schwelgen bis zum Umfallen. Meine Kritik liest sich eine Spur nüchterner,
beginnt aber dennoch mit kübelweise Lob. Mizoguchi, der in dieser End- und
Blütephase seiner Karriere etliche Meisterwerke drehte und mit "Sansho the
Bailiff" gleich zum dritten Mal hintereinander in Venedig den Silbernen Löwen
holte, schuf ein Drama von ungeheurer inszenatorischer Präzision und von
eindringlicher Menschlichkeit. Ein überaus kraftvoller und doch sensibler
Klassiker.
Vom ersten Bild an fällt Mizoguchis makellose Handhabung der Kamera auf. Das Eröffnungsbild mit seinem Baum im Vordergrund und der von der Seite herein marschierenden Familie ist schlicht zauberhaft. Auch später tauchen immer wieder Bilder von solch enormer Kraft auf, dass man kurz innehalten möchte. Mizoguchi nutzt das visuelle Element auch für sein Storytelling - wenn etwa die beiden Geschwister als Kinder einen Ast vom Baum reissen, dabei umfallen und herzhaft lachen, dann steht dies (auch ohne Worte) im Kontrast zu einer späteren Sequenz, in der die verzweifelte Anju einen Ast abreissen will, Zushio ihr hilft und sie stürzen - diesmal jedoch zu beunruhigender Stille.
Diese Szene markiert auch einen Wendepunkt in Zushios Denken, denn in der Gefangenschaft wurde er vom Hass und Zynismus angesteckt. Verschwunden ist der noble Geist des Vaters, dessen Worte "Ohne Gnade ist der Mensch nur ein Tier" das Leitmotiv des Films bilden. Die zweite Ast-Szene rüttelt Zushio, der sogar so weit ging, im Auftrag des Vogts einen anderen Sklaven zu brandmarken, auf und bringt ihn wieder zurück in die Menschlichkeit. Mizoguchi änderte in diesem Teil des Films die 1915 von Ogai Mori nach Motiven einer alten japanischen Geschichte veröffentlichte Story markant ab und macht aus Zushio eine Figur, die aktiv an den Gräueln beteiligt ist. Dies zwingt die Zuschauer, ihm später zu vergeben. Es erlaubt den Sklaven, ihm zu vergeben. Und es erlaubt Zushio selbst, sich zu vergeben. Die Vergebung als Motiv des Films erstarkt angesichts dieser Änderung zur Vorlage.
Mizoguchi geht bei seiner bedingungslosen Einhaltung dieses philosophischen Gedanken sogar so weit, den Film nach dem Bösewicht zu benennen, der erst nach einer halben Stunde auftaucht und lediglich eine vergleichsweise vage Figur im Hintergrund bleibt. Der Film müsste nach gebräuchlicher Norm "Zushio und Anju" oder etwas in dem Stil heissen - nicht jedoch bei Mizoguchi, der den hassenswerten Landvogt Sansho sozusagen zum Mahnmal emporhebt, indem er ihm den Titel seines Films "gönnt".
Bis zu seinem bewegenden Schluss steckt "Sansho the Bailiff" voll derartiger Weisheit, aber auch voller Poesie, Tragik und dramaturgischer Kraft. Stark gespielt und makellos gefilmt entfaltet sich eine Welt, in der Mizoguchi Themen wie Freiheit, Rolle der Frau und eben Vergebung anschneidet. Dies tut er auf intelligente und gefühlvolle Weise: Der Film bleibt stets zugänglich, trotz seiner vielen Gedankengänge, trotz seines Tiefgangs. Weit entfernt davon, den Zuschauern dröges Kopfkino vorzusetzen, baut Mizoguchi vielmehr auf Sanftheit in seiner Herangehensweise und kommt damit ans Ziel. Nun bin ich wohl doch auch ins Schwärmen geraten und gehe auf meine kleinen Vorbehalte (Längen im Mittelteil, mässig charismatische Zushio-Figur) gar nicht grösser ein. "Sansho the Bailiff" ist eine formvollendete Tragödie, ein zeitloses Moraldrama, das sich kein Fan des japanischen Kinos entgehen lassen sollte.
MEINE DVD
(Criterion)
USA, Code 1, NTSC
Bild:
Anamorphic Widescreen
Ton:
Japanisch mono mit englischen Untertiteln.
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(USA)
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