The Incredibles (2004)

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US-Start: 05.11.2004
CH-Start: 08.12.2004

 

Regie: Brad Bird
Buch: Brad Bird
Ausführender Produzent: John Lasseter
Musik: Michael Giacchino
Sprecher: Craig T. Nelson, Holly Hunter, Samuel L. Jackson, Spencer Fox, Jason Lee, Brad Bird, Sarah Vowell, Elizabeth Peña, Wallace Shawn, John Ratzenberger
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Kritiken:
Roger Ebert (USA) 3½/4
superhero spoof that alternates breakneck action with satire of suburban sitcom life
James Berardinelli (USA) 3½/4 The Incredibles isn't just fine family entertainment, it's superior family entertainment
(c) Buena Vista / Pixar

 

Review:

20.10.04

Brad Bird ist anders. Er ist kein Zögling der Pixar-Schule wie John Lasseter oder Andrew Stanton. Brad war einer der Autoren, die den "Simpsons" zu Ruhm verholfen haben. Und er drehte "The Iron Giant". An den Kinokassen ein Flop war diese bezaubernde Bub/Roboter-Geschichte einer der letzten rundum gelungenen Zeichentrickfilme Amerikas. Und da der Streifen Menschlichkeit, Top-Animation und Retro-Stil so perfekt kombinierte, war er Brads Visitenkarte für Pixar. Lasseter, schon immer ein Genie, wenn es darum geht, Talent zu erkennen, liess sich nicht lumpen und heuerte Brad Bird an. Er drehte "The Incredibles" - und der ist nun eben, wie nicht anders zu erwarten, anders.

Aus dem bestechend guten Pixar-Repertoire sticht "The Incredibles" heraus. Nicht per se in seiner Qualität, aber in seiner Machart. Das Feeling ist betont Retro, die Animation perfekt aber absichtlich nicht immer rund und weich, die Musik ist jazzig, die Charaktere schräg und tiefgründig, die Geschichte komplex und die Action hochgetunet. Nicht umsonst ist "The Incredibles" auch der erste Pixar-Streifen, der in den USA ein PG-Rating bekam und kein G. Schon die ersten paar Szenen des Films sind irgendwie seltsam. Die Charaktere sitzen auf einem Stuhl und werden interviewt. Die Sequenzen sind nicht wahnsinnig lustig, aber sie stimmen ein, auf das, was danach kommt.

Ja was kommt denn? Der bisher beste Pixar-Film. Die Entscheidung fiel mir nicht leicht. Bisher habe ich fast allen Pixar-Streifen 4 Sterne gegeben. "The Incredibles" ist nicht augenfällig besser als diese Meisterwerke. Aber er ist gewagter, er geht Risiken ein und durchbricht einige Animations-Routinen. Er ist letztendlich einfach ein rundum gut gemachter Film und verdient Höchstnoten in beinahe allen Belangen. Nur nicht bei den Lachern. In gewissem Sinne ist er der am wenigsten lustigste Pixar-Film. Erwartet also keinen Schenkelklopfer-Streifen. Zu Kichern gibt es zwar genug: Ich hatte den ganzen Film hindurch ein breites Grinsen im Gesicht und an manchen Stellen musste ich laut herausgröhlen - doch im Vergleich zu den früheren Pixar-Streifen ist der Humor dosierter und subtiler. Man ist beinahe versucht zu sagen "erwachsener". Aber auch für die Kleinen hats mehr als genug Pointen.

Zu Beginn des Films schildert Bird etwa, wie die Superhelden der Welt von Anwälten verklagt wurden und letztendlich gezwungen wurden, ihre Arbeit heimlich zu verrichten. All dies wird illustriert in Zeitungsberichten und schwarzweissen Newssendungen. Man muss dabei einfach schmunzeln, doch es sind keine riesigen Brüller drunter. In diesem Stile geht es durch den Film hindurch weiter. Im Zentrum steht die Familie von Mr. Incredible (Craig T. Nelson). Er hat die Superheldin Elastigirl (Holly Hunter) geheiratet und nun leben sie als Mr. und Mrs. Parr ein träges Vorstadtleben. Den Kindern Violet (Sarah Vowell) und Dash (Spencer Fox) bringen sie bei, ihre Superkräfte nicht einzusetzen. Incredible ist durch dieses Leben faul, dick und langweilig geworden. Nur ab und zu führt er mit seinem Freund Frozone (Samuel L. Jackson) kleine Heldenaktionen durch. Das fällt der schönen Mirage (Elizabeth Peña) auf. Sie unterbreitet Incredible einen Job - und die Chance auf ein Comeback. Mehr sei nicht verraten, denn die Geschichte ist wirklich toll und Bird legt Wert darauf, dass die Ereignisse nur angedeutet werden. Das sei hiermit geschehen.

Die Höhepunkte sind mannigfaltig. Einer ist sicherlich Edna, gesprochen von Bird selber. Sie sieht aus wie Linda Hunt, ist aber der Kostümbildnerin Edith Head nachempfunden. Sie ist einfach zum Schreien gut. Dann amüsiert der Retro-Stil. Es sind visuelle Referenzen an Max Fleischers "Superman" erkennbar, an"Raiders of the Lost Ark" und "Return of the Jedi". Dazu ein jazzig-beswingter Soundtrack, der insbesondere den Actionszenen ein besonderes Feeling verleiht. Ah, die Action. Die ist phänomenal. Im Laufe des Films dreht Bird das Tempo und die Grösse der Actionszenen immer mehr nach oben. Animation erlaubt einem Filmemacher schliesslich, das zu zeigen, was ein Realfilm nicht kann - und Bird nutzt das mit gigantischen Actionszenen aus. Was ihnen den besonderen Kick gibt, ist, dass die Familienmitglieder so blendend ihre Fähigkeiten einsetzen. Sie sind ein Team, die Action fliesst, der Plot wird weiter entwickelt - alles in einem. Die Familie ... wunderbar. Zum einen sind diese Leute einfach schräg, dann sind sie grausam kaputt, aber doch ungeheuer normal. Besonders Holly Hunter hat mir diesbezüglich enorm gefallen. Und im zweiten Teil des Films wachsen die Familienmitglieder so herrlich zusammen. Eben zu einem Team, zu einer Familie. Eigentlich extrem kitschig - aber so unkitschig präsentiert. Das ist ein Teil von Brad Birds Genie: Er hat ein riesiges Herz, das aber genug Platz für Zynismus bietet. Er verkauft die klebrigsten Momente mit Tempo und ohne zuviel Zuckerguss. Etwa das, wofür einst Steven Spielberg bekannt war - insbesondere für die "Indy"-Reihe. Und mit der möchte ich "The Incredibles" vom Mix Retro / Kitsch / Story / Action / Humor vergleichen. Nicht ganz so perfekt, aber in diesen Grössenordnungen muss man denken.

Was auch fulminant funktioniert, ist die Dramaturgie. Nach langsamem Start schraubt Bird den Film kontinuierlich hoch. Und wenn man die End Credits bestaunt, ist man befriedigt zurückgelassen. Kein antiklimaktisches Ende, sondern bloss "to infinity and beyond". Zudem schreit der Film geradezu nach einem Sequel (das es nach Birds Aussagen aber nicht unbedingt geben muss). Um dies zu unterstreichen, gibts keine lustigen Outtakes. Das tut weh, doch Bird scheint zu sagen, das wars: das kriegt ihr diesmal. Kein sanftes gehen lassen mit Outtakes, sondern gehen lassen mit der Gier nach mehr. Der Abspann ist dennoch ganz hübsch - und ist zum Schluss den grossen Disney-Animatoren gewidmet wie Ollie Johnston, Brad Birds Mentor bei "The Fox and the Hound" und einer der "nine old men" bei Disney. Brad ist wie die meisten Pixar-Leute eben kein 3D-gegen-2D-Mensch, sogar "The Incredibles" war ursprünglich als 2D-Projekt geplant Er nutzt einfach das beste Medium für das beste Resultat. Sein 3D-Film sieht nicht gross anders als aus der 2D-"Iron Giant", aber er hat mehr Möglichkeiten, mehr Freiheiten und mehr Geld. Das nutzt er bis ins kleinste raffinierte Detail aus und beschert uns einen Film der Extraklasse. Grosses Kino mit Herz, Spass, Spannung und Action für Jung und Alt. Wie glücklich können wir uns schätzen, dass 2004 mit "The Incredibles" und Spider-Man 2 gleich zwei der besten Superhelden-Filme aller Zeiten in die Kinos kamen ...


page created: 20.10.04  ~  last updated 20.10.04

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