Regie & Buch: | Virgine Despentes Coralie Trinh Thi |
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Darsteller: | Raffaëlla Anderson Karen Lancaume Hervé P. Gustave Marc Rioufol |
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Definitiv der kontroverseste Film des Jahres. Verboten auf der halben Welt, in Frankreich nach nur einer Woche in 'normalen' Kinos in die Pornokinos verbannt, "Baise-Moi", die Geschichte von zwei misshandelten Frauen, die auf einen Blut- und Sex-Trip gehen, bricht Tabus. | |||
Was genau bricht die Tabus? Das ist auf den ersten Blick einfach: Die Pornoszenen. Der letztjährige Film "Romance" hatte mit Rocco Siffredi einen Pornodarsteller und einige echte Sexszenen. In "Baise-Moi" sind die Hauptdarstellerinnen Pornostars, die Co-Regisseurin ein Ex-Pornostar und etwa 1/4 des Films besteht aus Hardcore-Szenen! | |||
Das ist nichts für Moralhüter. Hier wird geblasen, gelutscht, gefickt, gekommen - und gemordet. Und daran stossen sich die anderen. Würde nur gefickt, wäre "Baise-Moi" ein Pornofilm, aber die beiden Frauen finden Genuss am Blutvergiessen. Viele ihrer Sexpartner finden den Tod. Und hier wäre wohl das zweite Tabu. | |||
Der Film versucht zu sagen, "ey die beiden Frauen sind nicht böse - aber Vergewaltigung und Misshandlung (nie zuvor war eine Vergewaltigungsszene realer und unausstehlich länger!) haben sie zu Massenmörderinnen gemacht". Hmmm... eine seltsame Botschaft. Genau da sehe ich das Manko des Films: Botschaft. | |||
Ich wäre wohl
der letzte, der sich an Sex- und Gewalttabus stört, aber die Regisseurin will ihren Film
auch als radikalen Feminismus sehen und man kann eine gewisse (radikalisierte)
Ähnlichkeit zu "Thelma & Louise" nicht leugnen - so wird der Film zur
politischen Message. Und wenn die ist, "Frauen wurden lange gedehmütigt, nun ist es
verständlich, dass sie in dieser Form ausrasten", dann habe ich starke Bedenken. Noch viel fataler: Der Film ist schrecklich banal. All die hochgegriffenen Ziele verpuffen in Blutbädern, die einen bestenfalls schockiert, schlechtestenfalls einfach angewidert zurücklassen. Was den Film überhaupt aus der Masse hervorhob, sind die Hardcore-Sexszenen. "Sex sells", eben. Da kann die Regisseurin noch lange mit feministischen Befreiungstheorien kommen. Ich stör mich ja nicht am Sex, bloss dass er uns als mehr verkauft werden soll, als dass er hier ist. |
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Aber egal. Abgesehen davon sind die Sexszenen beklemmend real und erschreckend trostlos. Sex verkommt zur Ware. Die beiden Frauen haben schon Lust und brauchen auch den schnellen Fick. Doch danach kann man den Lustbringer (den Mann) ja umbringen. Eine Männerfeindlichkeit kann ja nicht geleugnet werden - alle Männer in dem Film sind riesige Arschlöcher! | |||
Die
Darsteller sind perfekt. In den Nicht-Sexszenen haben sie nicht viel zu tun, ausser die
Trostlosigkeit auszustrahlen, die ihre Figuren im Inneren ausgehölt hat. |
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Ein paar
erigierte Pimmel bringen mich nicht auf die Palme, und ein wenig Hardcore-Sex im Kinosaal
ist zwar ungewohnt aber auch nicht verwerflich. Ich versuchte den Film deshalb als Satire
zu sehen und konnte tatsächlich ein paar Mal lachen (ja ich bin krank ...). Nicht zuletzt
über die verklemmten Zensurhüter, die den Film verbieten und damit den Machern eine
ideale Plattform bieten, Zensur und Verklemmtheit anzuklagen - in dem Sinn ist
"Baise-Moi" ein dringend nötiger Film und wird in ein paar Jahren ev. die
Grossmutter des Hardcore-meets-Kunst-Kinos sein. Und wenn all die verstockten Leutchen so lauthals "Moralverfall" schreien, kann man nicht anders, als diesen eigentlich mittelmässigen Film zu verteidigen. Note: |
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